Stadtarchäologie Passau - Geschichte der Stadt Passau
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Aktualisiert am 18.3.04

Die Belvedere Terrasse im Park der Fürstbischöflichen Sommerresidenz
Freudenhain in Passau


Nur wenige Passauer Fürstbischöfe prägten Geschichte und Geschicke des Hochstifts Passau während ihrer Amtszeit so nachhaltig wie Josef Franz von Auersberg ( Fürstbischof in Passau von 1783 - 1795 ). Neben einer weitreichenden Gesetzgebung reorganisierte Auersberg das Finanz- und Rechtswesen. Er führte eine geregelte Schulbildung ein, reformierte den Strafvollzug und modernisierte das Krankenhaus. Außerdem ließ er prachtvolle Bauten errichten. Zwar fand Josef Franz von Auersberg eine gut ausgestattete Stadtresidenz und eine Reihe von Schlössern in der Umgebung vor, doch fehlte eine standesgemäße Sommerresidenz im Stadtbereich.

Der 1783 für verschiedene Bauvorhaben nach Passau gekommene Hofbauarchitekt Johann Georg Hagenauer (1746 - 1835) erbaute in der zweiten Hälfte der 1780er Jahre auf dem nordöstlichen Hang zur Donau, oberhalb von Passau im heutigen Stadtteil Hacklberg ein Landschloss. Die 1792 fertiggestellte Sommerresidenz erhielt den programmatischen Namen "Freundenhain". Diese Sommerresidenz zählt zu den bedeutensten Schlossbauten des deutschen Frühklassizismus. Das Bauprogramm erschöpfte sich aber nicht nur in einer repräsentativen Sommerresidenz, sondern zum Schloß gehörte auch ein weitläufiger Park, der der Zeit entsprechend als englischer Garten, in kleineren Bereichen auch im französischen Stil angelegt wurde. Er war 1794 vollendet. Als Inspektor für die Hochfürstliche Hof- und Lustgärtnerei ernannte Auersberg 1785 Georg Christoph Hartmayr. Ein Teil des Parks schließt sich unmittelbar nördlich an den Komplex des Schlosses an. Der größte Teil liegt westlich oberhalb des nördlichen Donauufers. Drei natürliche Schluchten gliedern dieses Gelände.

Dem Zeitgeschmack entsprechend gab es im Park verstreut verschiedene antikisierende Inszenierungen, wie eine Grotte des Pluto, eine Grotte der Canope, die von antithetisch aufgestellten Sphingen bewacht wurde, ein Grabmal des Marc Aurel usw. Markante Punkte bildeten die Badeanlage im sogenannten Fuchsloch mit einem Dianatempel und einem Garten im französischen Stil. Neben einem holländischen Dorf war auch die Belvedere - Terrasse eine Hauptattraktion des Parkes.

Von dem holländischen Dorf führte eine lange dreigliedrige Allee direkt zur Belvedere - Terrasse und mündete dort in einen oktogonalen Bau. Etwa auf halber Wegstrecke liegen links und rechts zwei Wirtschaftsgebäude, in dem einen war ein Pferdestall und in dem anderen eine Schafhirtenwohnung mit Schlafräumen für Knechte untergebracht.

Die Belvedere - Terrasse selbst zeigt nach einem Stich des Passauer Zeichenmeisters Johann Friedrich Karl ( 1751 - 1818 ) einen Garten im französischen Stil, in dessen Mittelpunkt ein achteckiger Bau steht.

Verursacht durch eine Neubebauung in diesem Areal grub die Stadtarchäologie im Sommer 2003 Teile der Belvedere - Terrasse aus. Die Terrasse war, wie die Profile zeigten, eigens für die Gartenanlage aufgeschüttet, und im Süden mit einer Bruchsteinmauer abgestützt worden. Um den interessantesten Baubefund, den achteckigen Bau im Zentrum der Terrasse zu ergraben, wurde, eingemessen nach dem Karl'schen Stich, eine Fläche von etwa 17 x 22 Metern abgeschoben.

Wie erwartet trat der Grundriß des Gebäudes zu Tage. Er zeichnete sich jedoch nur als Bodenverfärbung ab: Ein Oktogon mit einer Seitenlänge von sechs Metern. Die Grundmauern waren Opfer des Steinraubes geworden, in den Profilen zeigten sich lediglich noch einige größere Granitbruchsteine, die offenbar zur Errichtung des Neubaues (1821) und der über die gesamte Fläche gelegten Mauer nicht geeignet waren. Die jetzt sichtbare Verfüllung dürfte aus dieser Zeit stammen. Als humose Verfärbung zeichnete sich die zentrale Stütze für das Pagodendach ab. Teilweise in Stein erhalten waren noch die beiden Rampen, die zu dem südlichen Zugang führten. Von den den Aufenthaltsraum umgebenden Säulen hat sich noch eine im jetzigen Gartengelände erhalten.

Aus den Akten des Hauptstaatsarchivs wissen wir noch einiges über die Ausstattung dieses Kabinetts: Im Inneren war es vollständig mit eingefassten Spiegeln ausgestattet. Ein zwölfarmiger Lüster mit versilberten Gehängen sowie acht zweiarmige Leuchter illuminierten den Raum. Für die fürstbischöflichen Gäste luden mehrere Tische aus Kirschholz sowie mit blauweißen Stoffen bezogene Sessel zum Verweilen ein.

In einer ca. 60 Meter östlich des Spiegelkabinetts gelegenen Fläche wurden zahlreiche Pflanzgruben mit dazugehörigen Drainagegräbchen dokumentiert. In den Profilen konnten durch Kieskonzentrationen noch andeutungsweise Reste der ehemaligen Wege erkannt werden.

Gut 40 Meter westlich des oktogonalen Kabinetts wurde in einer 3. Fläche der Teil einer kreisrunden "Insel" angeschnitten. Wie der Stich von Karl zeigt, war in Ihrer Mitte ein Baum gepflanzt. Zu diesem Rund führten über einen Wassergraben westlich und östlich zwei Brücken. Von dem umgebenden Wassergraben ließen sich die Form und eine dicke Lehmschicht als Wasserwanne erkennen. Sämtliche Befunde, vor allen Dingen das Spiegelkabinett und das Rondell sind, annähernd exakt eingemessen, in dem zeitgenössischen Stich von Johann Karl wiederzufinden.

Der fürstbischöfliche Landschaftsgarten Freudenhain läßt mit seinen zahlreichen Inszenierungen kein einheitliches Programm erkennen. Die einzelnen Staffagen richteten sich aber sicher an einen Spaziergänger, der zum Verständnis eine gewisse Bildung haben musste. Jedoch war der Park von vorneherein als Volksgarten für alle Bürger frei zugänglich.

Nach der Säkularisation im Jahre 1803, als das Fürstbistum Passau dem bayerischen Terretorium zugeschlagen wurde, lag Schloss Freudenhain mit seinen Parkanlagen im Zuständigkeitsbereich des kurfürstlichen Garteninspektors Friedrich Ludwig von Sckell und seinen Nachfolgern. Die Hacklberger Gartenanlage wurde in zwei Teilen im Herbst 1805 versteigert. Der Garten verfiel mehr und mehr. In einer weiteren Versteigerung am 22. März 1806 wurde auch das Spiegelkabinett mit der Belvedere Terrasse veräußert. Auf der Belvedere Terrasse wurde 1821 unter Verwendung von Steinen des Spiegelkabinetts ein Wohnhaus errichtet.

Andere Teile des Gartens blieben jedoch für Passauer Bürger bis zum heutigen Tag zum Spazierengehen offen. In diesen Teilen sind jedoch nur noch wenige Gartenarchitekturen und Inszenierungen der ehemaligen fürstbischöflichen Gartenanlage erhalten.




Literatur:
E. Luther, Die Gartenanlagen der fürstbischöflichen Sommerresidenz Freudenhain in Passau, VHVN 118 - 119, Landshut 1992 - 1993, S. 59 - 82.


Text: Dr. Jörg-Peter Niemeier

Kontakt:
Stadtarchäologie Passau, Dr. Thomas Maurer


 
Stich des Passauer Zeichenmeisters Johann Friedrich Karl
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Grabungsplan: Spiegelkabinett
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