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Aktualisiert am 27.07.00

Das Kastell Boiodurum und sein Bad Klick zur Karte 100kb

Ein beträchtlicher Teil des am südlichen Innufer im norischen Teil des heutigen Passau gelegenen mittelkaiserzeitlichen Kastells Boiodurum konnte 1993 als erstes archäologisches Reservat in einer bayerischen Stadt ausgewiesen werden. Auch wenn die Einrichtung eines solchen Reservats den besten Schutz für ein Bodendenkmal bedeutet, läßt sich dies nur in Ausnahmefällen verwirklichen. In unmittelbarer Nachbarschaft zum "Archäotop Boiodurum" liegt ein knapp 2400 qm großes Grundstück, das im südwestlichen Bereich im Inneren des Kastells ruht. Eine Bauvoranfrage verurschte eine archäologische Rettungsgrabung. Etwa 500 qm dieses Areals hat die Stadtarchäologie Passau im Herbst 1997 und im Sommer 1998 untersucht Klick zur Karte.
Klick zum Foto Die zu erwartende, im 2. Jh. errichtete südliche steinerne Wehrmauer konnte nicht erfaßt werden, weil sie offenbar noch außerhalb des Grundstückes liegt. Das Gelände hat aber hier unmittelbar hinter der Wehrmauer einen natürlichen Geländeabfall. Neben einigen Gruben gelang es, die Holzpfosten eines langrechteckigen Baues zu dokumentieren. Die Pfostensetzung läuft parallel zu der zu ergänzenden Steinmauer. Das Holz-Erde-Bauwerk war mit verglasten Fenstern ausgestattet, wie zahlreiche Glasbruchstücke und eiserne Fensterangeln zeigen. Wahrscheinlich handelt es sich hier um den Teil einer Mannschaftsbaracke. Zahlreiche Gegenstände, v.a. sehr viele Metallfunde, belegen den militärischen Aspekt dieser Anlage. So fanden sich einige Waffenteile, ein Pionierspaten Klick zum Foto des Spatens oder das bronzene Fragment eines Helmbügels, das an den Hinterhaupthelm einer Paradeausrüstung angenietet war Klick zum Foto.

Der zweite und dritte Kastellgraben wurde in Flurstück Nr. 259 erneut untersucht Klick zur Karte. Bereits 1993 hatte die Stadtarchäologie Passau diese Gräben dokumentiert, jedoch machte eine Planänderung eine erneute Untersuchung nötig. In diesem Bereich war eigentlich das Umbiegen der Wehrgräben zu erwarten, jedoch scheint die Kurve nicht in der erwarteten Ideal-Ergänzung verlaufen zu sein.

Ein wichtigen Beitrag zur Bestazungsgeschichte des Kastells lieferte die Grabung im Frühjahr 1998 im Flurstück Nr. 256 Klick zur Karte. Als Besatzung konnte man aufgrund der bisher gefundenen Ziegelstempel immer einen Numerus annehmen. Bei verschiedenen Gelegenheiten waren immer wieder Ziegelstempel mit NVMB versehen gefunden worden, die eine Lesung Numerus Boiodurensium nahelegen. Diese Stempel stützten unter anderem auch die Vermutung, daß die Römer den Namen des keltischen Oppidums Boiodurum, befestigte Anlage des Boios, auf das Kastell und die sie umgebende Zivilsiedlung übertragen haben. Ein Teil der Forschung zog, auch die 5. Breuker Kohorte, die zeitweise auch in Norikum stationiert war, als in Passau Innstadt stationierte Gruppe in Betracht. Dies beruhte auf dem Fund von zwei in Andiesen-Holzleithen (bei Schärding) 1961 entdeckten Ziegelöfen, die allerdings spätantik waren. Die Lesung der dort gefundenen Ziegelstempel gilt allerdings als problematisch und nicht gesichert. Umso erfreulicher war es für die Besatzungsgeschichte des Kastells, daß ein mi[C]OH V BR gestempelter Ziegel zu Tage kam Klick zur Skizze. Die 5. berittene Breuker Kohorte dürfte damit auch eine Zeitlang im Kastell Boiodurm stationiert gewesen sein.

Klick zur Karte Neben diesem wichtigen Einzelfund ist bei dieser Grabung besonders der Grundriß eines 21 mal 7 Meter großen Gebäudes von Interesse, in westlicher Richtung könnte es sich noch weiter ausgedehnt haben . Dieses langrechteckige Gebäude war in mindestens vier Räume unterteilt, von denen drei ergraben werden konnten, an den dritten Raum (von Osten), hatte man in einem Zuge mit den rechteckigen Räumen eine Apsis hinzuerrichtet. Der ergrabene Grundriß besteht aus Gneis- und Granitbruchstücken,. sowie Kieseln. Es handelt sich jedoch nur z.T. um die Fundamentierung. Der übrige Grundriß konnte lediglich nach den Ausbruchsgräben, die nach dem Steinraub entstanden, verfolgt werden. Nach den Keramikfunden ist das Gebäude noch im zweiten Jahrhundert errichtet worden. Vergleiche mit anderen Grundrissen z.B. im benachbarten Schlögen beweisen, daß es sich bei dem aufgedeckten Gebäude um eine Thermenanlage gehandelt haben muß. Durch seine Lage ist es in enger Verbindung mit dem Kastell Boiodurum zu sehen. Es liegt unmittelbar südlich der porta principalis sinistra, knapp 75 Meter von der steinernen Umfassungsmauer des Kastells bzw. gute 40 Meter vom äußersten dritten Wehrgraben des Kastells entfernt. Das Kastellbad hat eine ähnliches Schicksal wie das Kastell erlitten. Es dürfte bei den Alamanneneinfällen um 240/50 n. Christus zerstört worden sein. Gegen Ende des 3. Jahrhunderts wurde es auch ein Opfer des Steinraubs, wie Ausbruchsgräben zeigten. Dies ist auch die Erklärung dafür, warum kein aufgehendes Mauerwerk ergraben werden konnte.

Der bedeutendste Fund der Grabung ist eine Goldblechfibel mit blauer Glaspasteneinlage Klick zum Foto. Sie ist germanischen Ursprungs und stammt aus einer Planierschicht der 1. Hälfte des 3. Jahrhunderts. Ob mit den Steinen des Kastellbades unter anderem auch das spätantike Kastell Boiotro, das einen Kilometer westlich innaufwärts liegt, errichtet worden ist, muß letztendlich offen bleiben.




Text: Dr. Jörg-Peter Niemeier

Kontakt:
Stadtarchäologie Passau, Dr. Thomas Maurer



 
 
 
 
 
 
 
 
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